Was unterscheidet gute Werbung von schlechter Werbung?
Antwort: Gute, richtig gute Werbung ist so einzigartig, dass sie in den Köpfen hängen bleibt.
Dabei zählt auch nicht, ob wir die Werbung mögen oder schon die Augen rollen, wenn wir die ersten Sekunden eines Werbeclips sehen. Solange Werbung „merk-würdig“ ist, hat sie ihr Ziel erreicht.
Sicherlich kennt ein jeder von uns auch einen Werbespot, an den man sich ohne Zögern erinnern kann.
Hans-Jürgen Heck, Senior Advisor bei DIRK METZ Kommunikation, gibt konkrete Beispiele für Werbung, die in den Köpfen bleibt.
Ob gut oder schlecht – besonders muss sie sein…
Das Institut für Marketing und Kommunikation (IMK) hat schon 2004 in einer Studie ermittelt, dass jeder Deutsche pro Tag 6000 Werbekontakte hat. Dazu zählen Werbung in Radio und Fernsehen, Logos auf Bekleidung, Tüten, Kugelschreibern, Leuchtreklame, Firmenlogos, Plakate, Aufdrucke auf Bussen und Firmenautos, die Markenlogos auf Auto bis hin zum Mercedesstern, Werbebanden bei Fußballspielen und natürlich die Werbung aus dem Internet.
Das sind tausende Werbebotschaften, die miteinander konkurrieren und alle ein Ziel haben: Wir, die potenziellen Konsumenten, sollen sich an einen bestimmten Artikel oder eine Dienstleistung erinnern – und daraus möglichst als Verbraucher etwas ableiten. Um das zu erreichen, muss die Werbung gefühlt unendlich oft gesendet oder gedruckt werden, den Konsumenten also quasi unter Dauerfeuer nehmen, oder sie muss besonders gut, oder vielleicht auch besonders schlecht sein, um aufzufallen oder gar zu polarisieren.
Kommt die Rede auf schlechte Werbung, fällt schnell der Name Seitenbacher. Eine Firma, die 1980 von dem gelernten Müller und hobbymäßigen Rockmusiker mit dem schönen Namen Willi Pfannenschwarz gegründet wurde. Dieser beschloss, seine Werbung in einem Tonstudio im Keller seines Hauses im breitesten schwäbischen Dialekt selbst einzusprechen. Ein unkonventioneller Mensch, der seine ersten Müslis in einem umgebauten Betonmischer mixte und der eines erreichte: seine Firma wurde durch die Werbung bundesweit bekannt.
Dass seine Werbung polarisiert, ist wahrscheinlich grandios untertrieben. Anders gesagt: Man hasst die Spots, oder man findet sie originell. Nicht viel anders dürfte das bei Check24 und der „Check24 Familie“ der Fall sein, über die sich im Internet Hunderte Posts finden lassen. Nur ein krasses Beispiel: „Wann muss sich die Check24 Familie eigentlich in Den Haag verantworten?“ Nicht viel anders ergeht es dem Trivago-Mann - „an einen Stuhl binden“ oder Mario Barth „auf den Mond schießen“. Der Vollständigkeit halber sei noch die Carglass Werbung erwähnt (Crack, „Carglass repariert, Carglass tauscht aus“), die im Netz auch immer wieder „Begeisterungsstürme“ auslöste… Aber seien wir ehrlich. Wenn uns morgen die Autoscheibe crasht… denkt jemand von Ihnen nicht im ersten Reflex an Carglass?
Im Kopf hängen bleibt aber auch Werbung, die besonders gut ankommt. Beispiel dafür sind die Heineken Spots, die immer wieder im Netz geteilt werden. Besonders genannt sei der Spot bei dem der Jubel von vier Frauen über einen begehbaren Kleiderschrank von dem Jubel ihrer Männer über einen begehbaren Kühlschrank mit Heineken Flaschen noch übertönt wird.
Oder auch die Spots mit dem EDEKA Mann Friedrich Lichtenstein der zur Kultfigur „Mr. Supergeil“ wurde. Schon legendär ist die Werbung, in der 1986 ein Audi quattro eine Sprungschanze hochfuhr („Vorsprung durch Technik“) und die einen guten Teil dazu beitrug, Audi von einem eher biederen Image zu befreien und zu einer Premium Marke zu machen.
Eine Marke, die mit ihren Werbespots und -posts ebenfalls polarisiert, ist der Autovermietungs- und Carsharingkonzern SIXT. Wir erinnern uns an das Werbeplakat von SIXT rund um den Lokführerstreik und GDL-Chef Claus Weselsky, auf dem er kurzerhand zum „SIXT Mitarbeiter des Monats“ auserkoren wurde. Sogar eine „Liebeserklärung“ wurde an die Lokführergewerkschaft („HDGDL GDL“) verteilt. Auch der seinerzeitige österreichische Bundeskanzler wurde von SIXT in den „Kurz-Urlaub“ geschickt. Und die deutsche Ex-Kanzlerin Merkel fand in einer Werbung für Miet-Cabrios ihr Konterfei unter der Überschrift “Lust auf eine neue Frisur?“ wieder. Sixt steht seit vielen Jahren für tolle kreative Werbung. Von Angela Merkel über Ösi-Kanzler Kurz, die Annalena Baerbock und Jens Spahn und viele andere– vor allem niemand in der Politik ist vor Sixt sicher. Wir wollten das Merkel-Motiv gerne hier zur Illustration einbauen; leider wurde dies von SIXT nicht gestattet. Dabei müssen sie sich doch ihrer Werbung nicht schämen, sie werben ja schließlich öffentlich damit... wir hätten übrigens auch ein anderes SIXT-Motiv genommen…
Fazit: Gute oder auch nur einprägsame Werbung muss sich abheben von der täglichen Werbeflut. Kein Mensch kann sich erinnern, wofür der Vater Werbung macht, der Flaschen die Treppe hochschleppen muss. Ein Wassersprudelautomat. Ja sicher, aber wie heißt der nochmal?
Mag man vom Seitenbacher denken was man will. Die Firma hat mittlerweile 140 Mitarbeiter, über 250 Artikel im Sortiment und macht im Jahr knapp 30 Millionen Euro Umsatz.
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